Die kontrollierte Opposition

Von der Arbeiterbewegung bis zum gendersensiblen Gurkenglas — die Linke ist sehenden Auges an ihren eigenen Werten gescheitert.    

von Anke Behrend  

   

„Zeiten gendern sich.“ So lautete jüngst ein Slogan der Linken in Deutschland. Er liefert ein mustergültiges Beispiel für die intellektuelle Verfassung einer einstmals emanzipatorischen, herrschaftskritischen Bewegung. Von dem, was vormals mit „den Linken“ assoziiert wurde, ist nicht mehr viel übrig geblieben. Ihre Kritik und ihr Kampfgeist hat sich von der vertikalen Ebene auf die horizontale verlagert. Es geht schon länger nicht mehr darum, die Herrschafts- und Besitzverhältnisse zu kritisieren. Sich „links“ Nennende investieren mittlerweile ihre gesamte Liebesmüh darin, bestimmte Menschengruppen in Opferrollen zu stecken und diese um jeden Preis zu verteidigen. Es werden Minderheiten konstruiert, wo vormals keine waren. Die gesamte Veränderungsenergie wird verschossen in eine Identitätspolitik, die sich nur um sich selbst dreht. Man privilegiert Minderheiten, marginalisiert vermeintlich Privilegierte und lässt dabei sozioökonomische Ursachen vollkommen außer Acht. So wurde die Linke über Jahrhunderte nicht nur gezähmt; sie wurde auch dazu gebracht, jene Strukturen zu unterstützen und zu verteidigen, zu deren Abschaffung sie ursprünglich angetreten war. 

     

Wann hat es begonnen?

Mit den 68ern, der Studentenbewegung, von der nur eine kleine Minderheit brauchbare Gesellschafts- und Herrschaftsanalyse betrieb, während die breite Masse, falls es die überhaupt gab, einem berauschten Befreiungskitsch frönte? Eine nachhaltige Aufarbeitung der Geschichte hat diese Generation jedenfalls nicht zustande gebracht und auch die viel gepriesene sexuelle Befreiung ist nicht mehr als ein wohlfeiles Etikett. Es ging in der Vergangenheit schon heißer her als in der angestrengt exhibitionistischen Kommune 1 (1).

Oder begann es mit dem Fall des Eisernen Vorhangs, als die gesamte Weltpolitik ihrer linken Opposition, dem Gegengewicht im Wettbewerb um das bessere System, verlustig ging, die Gerechtigkeits-Utopie vom sozialistischen Menschen auch von westlichen Linken aufgegeben werden musste und die soziale Marktwirtschaft ihr Sozialsein nicht mehr unter Beweis zu stellen brauchte? 

Aus der Fabrikhalle auf den Campus

Begann es mit der Erosion der Moderne, ihrem schleichenden Wandel hin zum Neoliberalismus und der Postmoderne? Längst hatte die Linke ihre Zielgruppe und mithin ihre Identität verloren, andere Themen und Betätigungsfelder mussten akquiriert werden. Die Arbeiterklasse, anhand derer sich in der ersten industriellen Revolution Macht- und Besitzverhältnisse, sprich Ausbeutung des Menschen durch den Menschen, analysieren und anprangern ließen, war unsichtbar geworden. Aufgelöst im Mittelstand, in Angestellten- und Beamtenverhältnissen, Freiberuflern. Die Ausbeuter waren nicht mehr in persona die Thyssens und Mannesmanns, sondern Aktiengesellschaften und Shareholder. Die Verhältnisse verschwammen. Gewerkschaften verloren an Bedeutung. Der Ruf „Proletarier aller Länder vereinigt euch!“ (3) verhallte ungehört. 

Die Arbeiter hatten ein einigermaßen gutes Auskommen — kein Grund zum Klassenkampf. In der sozialen Marktwirtschaft verwischten nicht nur die Machtverhältnisse zwischen Besitzenden und mehr oder weniger Besitzlosen, es geriet auch der menschenverachtende, gewinnorientierte und letztlich ruinöse Wesenskern des Kapitalismus völlig aus dem Fokus. Die Herrschenden hatten es geschafft, den Beherrschten das Gefühl einer Partnerschaft zu vermitteln. Der linke und bald auch grüne Lifestyle war dabei, aus den Universitäten in die bürgerliche Mitte aufzusteigen.

Infolge der 68er Studentenbewegung entstanden ausgehend von den US-amerikanischen Universitäten und später in Europa neben Gender Studies (4) und Women’s Studies (5) Critical Race Theory (6), in den 1980er-Jahren Queer Studies (7) und um 1990 Kritische Weißseinsforschung (8). 

Die Erforschung dieser Problematiken der zwischenmenschlichen und gesellschaftlichen Machtstrukturen ist richtig. Doch sind alle diese Fächer nicht deskriptiv, sondern normativ. Sie verstehen sich als links und progressiv, wollen die Verhältnisse nicht nur beschreiben, sondern verändern. 

Damit genügen sie nicht den Anforderungen der Wissenschaftlichkeit, sondern kultivieren ideologische Verzerrung und laufen damit den Idealen der Aufklärung zuwider. An dieser Stelle haben die Linken an den US-amerikanischen Universitäten das postfaktische Zeitalter eingeläutet!

Zeitgleich entstanden zunächst in den 1970er-Jahren die sogenannten Neuen Sozialen Bewegungen (9). Sie thematisierten Umweltfragen, Globalisierung, Homosexualität, Behinderung, Rassismus und vieles andere mehr. Ihre Zielgruppe war nicht mehr die im Kapitalismus ausgebeutete Mehrheit, sondern oftmals die von der reinen Anwesenheit einer Mehrheit diskriminierte Minderheit. Und derer gibt es viele. 

Ausgangspunkt dieser Entwicklung war die Frauenbewegung. Mit dem Slogan „Das Private ist politisch“ aus dem Jahr 1970 (10) begann die traditionell eher linke Frauenbewegung der späten 1960er- und frühen 70er-Jahre, sich von den Grundsatzfragen Wahlrecht und politische Teilhabe hin zum Persönlichen zu wenden. Folgerichtig, denn die Debatten der 68er hatten die Spiegelung der gesellschaftlichen Macht- und Besitzverhältnisse im Privaten offengelegt.

Aber nun war nicht nur das Private politisch, auch das Politische war zunehmend Privatsache geworden und die Machtverhältnisse im Großen gerieten aus dem Blick. 

Die Ziele der ersten Frauenbewegung waren zumindest formal umgesetzt und die Machtfrage stellten die Linken nun nicht mehr zwischen Ausbeutern und Ausgebeuteten, sondern zwischen Mann und Frau. An die Stelle der Ausbeutung als zu bekämpfendem Übel war die Diskriminierung getreten. Die bestand und besteht nicht nur zwischen den Geschlechtern, sondern vollzieht sich anhand diverser Unterscheidungslinien. Bereits Ende der 1960er-Jahre sprach man in den USA von der Triple-Oppression-Theorie, Diskriminierung auf Grund von „Race, Class und Gender“ (11). 

Nebenschauplätze und Scheingefechte

Damit war die ursprüngliche Machtfrage der linken Bewegungen aus der Vertikalen in die Horizontale gekippt worden. Während der Kapitalismus also fröhliche Urständ feierte, schlug man sich auf den billigen Plätzen gegenseitig die Köpfe ein. Die originäre Kapitalismuskritik war in den 1990ern nahezu komplett aufgegeben worden zugunsten diverser „marginalisierter“ Gruppen. Und so taten sich immer mehr Diskriminierungsmerkmale auf, aufgrund derer man von seinen Mitmenschen aus dem linken Spektrum Sonderbehandlung und Reparationen einfordern konnte und eilfertig gewährt bekam. Der Kampf gegen die Mächtigen fand nicht mehr statt. Man wusste nicht einmal mehr, wer das eigentlich war. Vielleicht hatte man ihn auch als aussichtslos aufgegeben.

Zumindest war der vermeintlich solidarische Einsatz für Opfer von Diskriminierung moralisch lukrativer, konnte man es doch bei Political Correctness und Symbolpolitik bewenden lassen. 

Beispielsweise verstand und versteht man unter Class nicht mehr per se die Zugehörigkeit zur einer gesellschaftlichen Klasse, denn die war im Neoliberalismus veruneindeutigt worden, sondern die Mikrostruktur der individuellen Besitzverhältnisse. 

Ende der 1980er-Jahre wurde für das Zusammentreffen verschiedener Diskriminierungsmerkmale der Begriff Intersektionalität (12) geprägt. Immer mehr Opfergruppen brachten ihre teils widerstreitenden Partikularinteressen vor, von Kritikern verspottet als Oppression Olympics (13) — Opfer-Olympiade. 

Das oberste Ziel war, Angehörige dieser Gruppen nicht zu brüskieren. Folglich trat das marginalisierte Individuum und sein Gefühlsleben immer stärker in den Mittelpunkt linker Zuwendung, sofern es die richtigen Diskriminierungsmerkmale, sprich die richtige Identität, Gruppenzugehörigkeit und Meinung vorzuweisen hatte. Das Gefühlsleben von Menschen ohne die richtige Identität war irrelevant. Auf diese Weise erklärten geschichtsvergessene Linksidentitäre (14) einen großen Teil ihrer Anhängerschaft per se zu Privilegierten und somit Tätern aufgrund ihres bloßen Daseins — ohne zu bemerken, dass sie damit in gefährliches Fahrwasser abzudrehen begannen. Nur durch Buße, das „Checken der Privilegien“, kann der Privilegierte ein Teil der Gemeinschaft bleiben, sich aber nie von der Erbschuld reinwaschen.

Bis heute oszilliert die Linke zwischen der unbedingten Anerkennung der Individualität der Marginalisierten und andererseits der Gruppenzugehörigkeit der per Definition Privilegierten. Auf diese Weise verkehren sich die Verhältnisse: 

Die Marginalisierten sind privilegiert und die Privilegierten werden marginalisiert. Freilich lassen sich Privilegierung und Marginalisierung in Mehrheits- und Minderheitsverhältnissen begründen, aber nicht aufheben, indem man zum Zweck der Gerechtigkeit neue Ungerechtigkeiten schafft. 

Über dieses Dilemma klebt man dogmatische Formeln: „Es gibt keinen Rassismus gegen Weiße“, „Es gibt keinen Sexismus gegen Männer“.

Die obsessive Hinwendung auf Schwache und Opfer ist vor allem eines: moralisch immun gegen Kritik. Denn wer will schon, dass Opfern nicht geholfen wird? Für die Opfer muss man Opfer bringen! Es entsteht ein Wettbewerb nach unten. Nicht der Bessere gewinnt, sondern man lässt den als schwächer Definierten gewinnen. 

Diese Form der „positiven Diskriminierung“ — Affirmative Action (14) — wurde erstmals 1961 in den USA von Präsident John F. Kennedy mit der Executive Order 10925 eingeführt und trat drei Jahre später in Kraft (16). 

Auf den ersten Blick mag der Ausgleich von negativer Diskriminierung durch Vorteile gerecht erscheinen. Die Erfahrung, durch eigene Leistung vorangekommen zu sein, macht der Marginalisierte jedoch auf diese Weise nicht. Es haftet ihm immer der Stempel des bedürftigen Almosenempfängers an. 

Und so muss zwangsläufig die Frage gestellt werden, ob es sich um ein linkes Konzept handeln kann, welches einen weißen Arbeiter in den USA als privilegiert gegenüber einem Schwarzen im Amt des Präsidenten definiert.

Man wird nicht als Opfer geboren, man wird dazu gemacht

Des Weiteren erzeugt diese moralisch unanfechtbare Sicht auf Opfer eine Tendenz, selbst marginalisiert sein zu wollen und ebenfalls von der Fürsorge zu profitieren. Nennen wir es Opferrendite. Das Opfer kann sich aus der Rolle kaum befreien und soll es auch gar nicht, denn es handelt sich um seine Identität. Es kann den Oppressor zu moralisch einwandfreiem, solidarischem und rücksichtsvollem Verhalten nötigen allein mit dem Verweis auf das eigene Missempfinden. Die Zugehörigkeit zur Opfergruppe genügt, um das subjektiv verletzte Gefühl geltend zu machen und Verhaltensänderung zu reklamieren. Das Opfer darin zu bestärken, sich selbst aus seiner Rolle zu befreien, Selbstermächtigung, gilt als Victim Blaming und ist in linken Kreisen Ketzerei. Aber auch die Privilegierten profitieren von erwünschtem Verhalten. 

Die Verletzung, treffend bezeichnet als Mikroaggression (17), kann stattfinden durch einen falschen Begriff, eine falsche Anrede oder ein falsches Pronomen. Linker Aktionismus ist seit den 2000er-Jahren primär „Sprachhandeln“ (18).

Zweifelsohne existieren verletzende Begriffe und ist sprechen eine Handlung. Wer könnte das 2021 noch in Abrede stellen. Die soziologische Theorie von der sozialen Konstruktion dürfte als bewiesen gelten. Doch bereits die Vorstellung des linken bundesdeutschen Feminismus der 1970er- und 1980er-Jahre, man könne die Gleichberechtigung der Frauen per Sprachregelungen und Quoten herbeischaffen, ist längst an der Realität gescheitert. 

Aber diese Tatsache findet keine Resonanz im linken Lager. Stattdessen verfolgt man diesen Weg stur weiter, das Banner des Fortschritts und der moralischen Unantastbarkeit schwenkend. Was könnte schon falsch daran sein, sich für Marginalisierte mit der richtigen Identität (14) einzusetzen, wenn es doch so einfach ist? Man muss nur etwas besser sprechen und dann ist die Welt gerechter.

Das Instrumentarium linker Aktivisten gegen unliebsame Fakten, Worte oder Meinungen beschränkt sich im Wesentlichen auf das Canceln (19) und Tabuisieren. Aus der Sprache werden Worte entfernt, aus Büchern Begriffe, Bücher aus Bibliotheken und Sprecher von Bühnen. 

Den „traumatisierten“ Mittel- und Oberschichtskindern an den anglo-amerikanischen Universitäten sind historische Lerninhalte wegen Rassismus, Sexismus, Transfeindlichkeit und Heteronormativität, der als Norm geltenden Heterosexualität, nicht mehr zumutbar. Man hat für sie Sicherheitsräume eingerichtet, sogenannte Safe Spaces (20), in denen sie sich von verstörenden Inhalten erholen können, sollten diese nicht mit einer Triggerwarnung versehen worden sein, sodass die traumatisierten jungen Menschen sie von vornherein meiden können. 

Wer hat diese jungen Leute seelisch so beschädigt, dass sie ein Wort in einem Buch nicht aushalten können? 

Gefühlte Wahrheiten

Nach dem Canceln von Begriffen und Meinungen nebst denen, die sie äußern, besteht die nächste Stufe des Postfaktizismus (21) in der Leugnung objektiv nachweisbarer Tatsachen und eines ganzen Wissenschaftszweigs: der Biologie. Namentlich der Geschlechterbiologie. Bis in die 2010er-Jahre hinein beschränkte der nunmehr Queer- oder Genderfeminismus sich noch auf die umstrittene Lesart, das soziale Geschlecht — das Gender — sei sozial konstruiert, und beschrieb mit dem Begriff Gender die Gesamtheit der Erwartungen und Zuschreibungen an Menschen aufgrund ihres biologischen Geschlechts. Die Auffassung, dass die Geschlechtsrollen sehr flexibel und schnell wandelbar sind, ist in der Realität nachweisbar. 

Später begann man im aufkommenden Transaktivismus, einer Sparte des Queerfeminismus, auch das biologische Geschlecht als sozial konstruiert zu erzählen. Nun hatten Menschen ein Gender, welches mit dem Körper nichts mehr zu tun hatte. Das Geschlecht ergab sich nun aus dem rein subjektiven Empfinden der Person, dem der Körper beliebig angepasst werden konnte, denn die biologische Funktion des Geschlechtes war irrelevant. 

Dieses gefühlte Geschlecht ist in seiner Subjektivität weder zu verifizieren noch zu diskutieren. Es ist in Gänze antifaktisch. Eine gefühlte Wahrheit. 

Diese Lesart von Geschlecht beschränkt sich nicht auf Trans-Communities. Sie wird von Biologen und Soziologen durch ein Theoriegebäude gestützt, das sich im Wesentlichen in der Aussage zusammenfassen lässt: die individuelle Ausprägung des körperlichen Geschlechtes nebst seltenen körperlichen Uneindeutigkeiten bilden zusammen mit der individuellen Empfindung des Genders ein Spektrum, welches das „normale“, sprich erwartbare Geschlecht als eines unter vielen denkt. Schlussendlich bleibt es natürlich (sic!) bei der Binarität zweier Arten von Gameten, Keimzellen, (22), die die geschlechtliche Fortpflanzung ermöglichen. Eine Aufhebung dessen ist durch soziale Konstruktionen nicht möglich. Nichtsdestotrotz wird in sich links verortenden Trans-Communities schon länger von der Transplantation weiblicher Geschlechtsorgane phantasiert, auf das der schwangere Mann bald nicht mehr nur durch Umdefinition, sondern durch Operation entstehen möge. Transhumanismus lässt grüßen.

Eine Geschlechterforschung, die die Biologie ausklammert, ja sogar leugnet, verkennt die Lebensrealität von Frauen, aber auch von trans- und intergeschlechtlichen Menschen. Sie ist unwissenschaftlich, denn sie wird unter der falschen Prämisse betrieben, das Geschlecht wäre keine faktisch und objektiv beschreibbare Kategorie, sondern eine Frage der kulturellen Wahrnehmung. Damit sind die Ergebnisse dieser Forschung in ihrem Wesen nicht falsifizierbar. Es handelt sich also um einen Glauben.  

Im November 2016 wurde „Post-Truth“ von der britischen Wörterbuchreihe Oxford Dictionaries zum Wort des Jahres erklärt (23).

Mit dem Transaktivismus (24) wurde das Spektrum der Diskriminierungsmerkmale um etliche Kriterien erweitert. Inzwischen gibt es bei Facebook 60 Auswahlmöglichkeiten für „Geschlecht“, sogar kein Geschlecht „agender“ ist ein Geschlecht. Faktisch ist natürlich niemand ohne Geschlecht, ohne Geschlechtschromosomen oder frei von sozialen Genderzuschreibungen.

Der Mensch ist faktisch nach wie vor eine zweigeschlechtliche Spezies mit einer biologischen Fortpflanzung. Das biologische Geschlecht zu wechseln oder anzugleichen, ist biologisch nicht möglich. Sagbar ist dies in linken Kreisen nicht, denn die gefühlte Geschlechtsidentität von Transpersonen wiegt schwerer als die biologische Lebensrealität von Frauen, die man nun als „biologische“ Frauen markieren muss. Transaktivisten beanspruchen mittlerweile Frauenräume, Frauenbegriffe und nehmen am Profifrauensport teil. Linke finden das in keiner Weise seltsam, sondern progressiv. 

In einer freien und demokratischen Gesellschaft sollten Minderheiteninteressen respektiert, aber nicht gegen Mehrheitsinteressen ausgespielt werden.

Vor allem im anglo-amerikanischen Raum und in Großbritannien entstand in den letzten zwei Jahrzehnten eine regelrechte Genderindustrie mit Kliniken zur Geschlechtsanpassung, Publikationen und Lehrstühlen. Das ursprüngliche linke und emanzipatorische Ziel, die Gesellschaft dahingehend zu verbessern, dass jeder Mensch mit seiner Biologie ein freies und selbstbestimmtes Leben führen kann, wurde ins Gegenteil verkehrt. Nun muss nicht die Gesellschaft an den Menschen, sondern die Biologie des Menschen an die rigiden Rollenerwartungen der kapitalistischen Gesellschaft angepasst werden.

Kognitiv verzwergte Moral-Elite

Das linke Spektrum ist durch jahrzehntelange Moralisierung mental und kognitiv korrumpiert und immun gegen jeden Diskurs. 

Die großen Themen der Linken sind 2021 nicht die Rolle der Pharmaindustrie, der Finanzwirtschaft oder der Internetkonzerne, der Welthunger, die Auswirkungen auf sozial Schwache, die körperliche Unversehrtheit, die Situation der Kinder und Alten, oder die Frauen, zu deren Lasten die Pandemiemaßnahmen gehen. 

Die Definition von Opfern und Tätern im gleichen oder ähnlichen sozialen Milieu verstellt den Linken die Sicht auf Makrostrukturen und macht sie zu willfährigen Erfüllungsgehilfen einer menschenverachtenden Politik. Hilfe bei der Rettung der Grundrechte und Demokratie können wir von diesen Linken nicht erwarten. 

Einer Bewegung, die sich so weit von den Idealen der Aufklärung entfernt hat, kann man beliebige Katastrophen und gefühlte Wahrheiten unterjubeln. Die Kategorien Ratio und Logik wurden über Bord geworfen.

In ihren circa 220 Jahren hat die politische Linke (25) eine unglaublich weite Reise zurückgelegt. Aus der ersten Opposition in einem Parlament, über die Interessenvertretung der ausgebeuteten Proletarier, über die Arbeiterbewegung der Jahrhundertwende, Sozialdemokraten, Sozialisten, Kommunisten, die Diktaturen des Ostblocks und Chinas, Grüne, Atomkraftgegner und viele andere mehr, ist im Westen 2021 eine Bewegung geworden, die das Geschäft der Mächtigen dieser Welt erledigt und Kollektivismus statt Gleichheit in Freiheit fordert. Linke sind nicht mehr in der Opposition gegen Kapitalismus und Korporatismus. Sie machen mit ihm gemeinsame Sache in den Parlamenten und auf der Weltbühne. 

Aus den US-amerikanischen Universitäten heraus hat man sie geistig entwaffnet und zu einer Bewegung gemacht, zu deren Hauptanliegen zu gehören scheint, Frauen mit Penis mit dem richtigen Pronomen zu bezeichnen (26).


Quellen und Anmerkungen:

(1) https://de.wikipedia.org/wiki/Kommune_I
(2) A.M. Fellner: USA: Geschlechterforschung von Women’s to Queer Studies. In: Kortendiek B., Riegraf B., Sabisch K. (Hrsg.): Handbuch Interdisziplinäre Geschlechterforschung. Geschlecht und Gesellschaft, Springer VS, Wiesbaden 2019, ISBN 978-3-658-12495-3, S. 1447
(3) https://beruhmte-zitate.de/zitate/123628-karl-marx-proletarier-aller-lander-vereinigt-euch/
(4) https://de.wikipedia.org/wiki/Gender_Studies
(5) https://de.wikipedia.org/wiki/Frauenforschung
(6) https://de.wikipedia.org/wiki/Critical_Race_Theory
(7) https://de.wikipedia.org/wiki/Queer_Studies
(8) https://de.wikipedia.org/wiki/Kritische_Wei%C3%9Fseinsforschung
(9) https://de.wikipedia.org/wiki/Neue_Soziale_Bewegungen
(10) A.M. Fellner: USA: Geschlechterforschung von Women’s to Queer Studies. In: Kortendiek B., Riegraf B., Sabisch K. (Hrsg.): Handbuch Interdisziplinäre Geschlechterforschung. Geschlecht und Gesellschaft, Springer VS, Wiesbaden 2019, ISBN 978-3-658-12495-3, S. 1447
(11) https://de.wikipedia.org/wiki/Triple_Oppression
(12) https://de.wikipedia.org/wiki/Intersektionalit%C3%A4t
(13) https://en.wikipedia.org/wiki/Oppression_Olympics
(14) https://de.wikipedia.org/wiki/Identit%C3%A4tspolitik
(15) https://de.wikipedia.org/wiki/Affirmative_Action
(16) https://de.wikipedia.org/wiki/Equal_Employment_Opportunity_Commission
(17) https://de.wikipedia.org/wiki/Mikroaggression
(18) https://feministisch-sprachhandeln.org/wp-content/uploads/2014/03/onlineversion_sprachleitfaden_hu-berlin_2014_ag-feministisch-sprachhandeln.pdf
(19) https://de.wikipedia.org/wiki/Cancel_Culture
(20) https://www.bedeutungonline.de/safe-space/
(21) https://de.wikipedia.org/wiki/Postfaktische_Politik
(22) https://de.wikipedia.org/wiki/Gamet
(23) https://www.deutschlandfunk.de/die-gefuehlte-wahrheit-postfaktisch-wort-des-jahres-100.html
(24) https://de.wikipedia.org/wiki/Alice_Schwarzer#Transidentit%C3%A4t%2C_intersektioneller_Feminismus_und_Transaktivismus
(25) https://de.wikipedia.org/wiki/Politische_Linke
(26) https://www.merriam-webster.com/dictionary/misgender